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17 Dez

Ab 2022 gibt es umsatzsteuerliche Organschaften in Polen

Ab 2022 gibt es umsatzsteuerliche Organschaften in Polen

Mit dem Umbau mehrerer Abgaben in Polen im Zuge der sog. „Neuordnung” wird die Möglichkeit eingeführt, umsatzsteuerliche Organschaften zu gründen. Das polnische Gesetz nennt es Mehrwertsteuergruppen. Eine Mehrwertsteuergruppe – ferner schlicht Gruppe – bilden Unternehmen, die finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch verbunden sind. Das Gesetz gibt die Rechtsform der Gruppenmitglieder nicht vor, demnach dürften eine Gruppe alle denkbaren Rechtsformen bilden, bei welchen bloß die genannten Verbindungen vorliegen. Die Gruppe wird gegenüber den Behörden durch ihren Vertreter angeführt, der aus dem Kreis der Gruppe bestimmt wird. Der Vertreter gibt dann auch die Steuererklärungen für die Gruppe ab.


Wer kann die Organschaft bilden?


Die Gruppe kann durch Steuerpflichtige gegründet werden, die ihren Sitz oder auch eine eingetragene Niederlassung in Polen haben, bei der eingetragenen Niederlassung wird die Tätigkeit der Niederlassung durch die Gruppe umsatzsteuerlich abgewickelt. Die durch die Mitglieder zu erfüllenden Voraussetzungen ist stets die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Verbindung der Mitglieder. Die finanzielle Verbindung liegt vor, wenn einer der Gruppenmitglieder mit mehr als 50% Geschäftsanteilen, Stimmrechten oder Gewinnansprüchen an allen anderen Mitgliedern direkt beteiligt ist. Damit sieht das Gesetz nur eine Mutter und ihre Töchter in einer Gruppe vor, etwaige Enkelinnen bereits nicht mehr. Die wirtschaftliche Verbindung liegt vor, wenn der Hauptunternehmensgegenstand der Gruppenmitglieder derselbe ist, die Unternehmensgegenstände der Gruppenmitglieder einander ergänzen und bedingen oder die Mitglieder hauptsächlich die Tätigkeit eines der Mitglieder nutzen. Ein Beispiel mag hier eine Eigentumsgesellschaft sein, die ein Werk an eine Produktionsgesellschaft verpachtet, welches wiederum eine Vertriebsgesellschaft versorgt, und die Produktions- sowie Vertriebsgesellschaft Töchter der Eigentumsgesellschaft sind. Schließlich liegt die organisatorische Verbindung vor, wenn sich die Mitglieder rechtlich oder faktisch unter gemeinsamer Leitung befinden und ihre Handlungen koordinieren. Diese Voraussetzung müsste nun insbesondere bereits mit der finanziellen Verbindung als erfüllt angesehen werden, da die gesamte Gruppe dann faktisch der Obrigkeit der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft unterliegt. Die Voraussetzungen müssen für die gesamte Dauer der Gruppe erfüllt bleiben. Ein Unternehmen darf nur einer Gruppe angehören, die Gruppe selbst darf nicht einer anderen Gruppe angehören. Während ihrer Dauer darf die Gruppe weder um ihre Mitglieder geschmälert werden noch darf sie neue Mitglieder aufnehmen. Somit müsste nach dem aktuellen Stand des Gesetzes eine neue Gruppe gegründet werden, sollte sich die Zusammensetzung der ursprünglichen Gruppe ändern.


Gründung einer Organschaft


Die Gründung einer Gruppe erfordert einen schriftlichen Vertrag unter ihren Mitgliedern, die Mindestinhalte dieses Vertrages sind:

–                 der Name der Gruppe mit dem Zusatz „grupa VAT” oder GV,

–                 Angaben der Mitglieder samt deren Stammkapitalhöhe,

–                 Benennung des Vertreters,

–                 Angaben der Anteilseigner mit der geforderten Beteiligung an den Mitgliedern von mehr als 50%,

–                 die Dauer der Gruppe, die mindestens drei Jahre anhalten muss.

Die Gruppe nimmt ihren Betrieb mit der umsatzsteuerliche Registrierung auf – die Gruppe ist folglich getrennt zu registrieren. Sollte der Vertrag zur Gründung der Gruppe befristet sein, so ist dem Finanzamt ein neuer Vertrag spätestens 30 Tage vor dem Ablauf des bisherigen Vertrages vorzulegen, um die Gruppe fortdauert zu lassen. Sollte der Vertrag ablaufen oder sollte irgendeine der Voraussetzungen bei irgendeinem der Mitglieder nicht mehr gegeben sein, löst sich die Gruppe kraft Gesetzes automatisch auf.


Betrieb einer Organschaft


Lieferungen unter Gruppenmitgliedern sind von der Steuer ausgenommen. Lieferungen eines Gruppenmitgliedes an Dritte gilt als Lieferung der Gruppe, ebenso gelten Lieferungen von Dritten an Gruppenmitglieder als Lieferungen an die Gruppe. Bei einer eingetragenen Niederlassung eines ausländischen Unternehmens in Polen, die der Gruppe angehört, gilt:

–        Eine Lieferung an das Stammhaus oder an eine andere Niederlassung des Stammhauses im Ausland gilt als eine externe Lieferung der Gruppe;

–      Eine Lieferung des Stammhauses oder einer anderen seiner Auslandsniederlassungen an die Niederlassung in Polen gilt als eine externe Lieferung an die Gruppe.

Entsprechende explizite Regelungen gelten bei einer Auslandsniederlassung eines polnischen Stammhauses, die einer ausländischen umsatzsteuerlichen Organschaft angehören sollte:

–      Eine Lieferung des polnischen Stammhauses an seine Auslandsniederlassung, die einer ausländischen umsatzsteuerlichen Organschaft angehört, gilt als Lieferung der polnischen Gruppe an die entsprechende ausländische Organschaft;

–       Eine Lieferung einer Auslandsniederlassung, die einer ausländischen umsatzsteuerlichen Organschaft angehört, an das polnische Stammhaus, gilt als Lieferung der ausländischen Organschaft an die polnische Gruppe.

Mit diesen Regeln wird die Gruppe als ein kohärenter Umsatzsteuerpflichtiger klar abgegrenzt. Und ansonsten ist sie eben wie ein einziger Steuerpflichtiger abzuwickeln, insbesondere die Geschäfte unter ihren Mitgliedern ausgeschlossen. Damit werden diese umsatzsteuerneutralen Geschäfte unter den Gruppenmitgliedern von sämtlichen Risiken befreit, mit welchen die Umsatzsteuer sonst verbunden ist.


Schlusswort


Die Zeit wird zeigen, inwiefern zu einer umsatzsteuerlichen Organschaft in Polen als einer Lösung zugegriffen wird. Absehbar wird sie zuerst von der Wirtschaft genau angeschaut und studiert. Vielleicht wird diese Lösung auch noch neue Regelungen erfahren, auf den ersten Blick scheint die konstante Zusammensetzung einer Gruppe ihre gesamte Dauer lang etwas übertrieben rigoros zu sein. Jedenfalls bietet die neue Struktur die Möglichkeit, umsatzsteuerlich als Gruppe kohärent aufzutreten und die Umsatzsteuer als Risiko- und Aufwandsfaktor innerhalb der Gruppe auszuklammern. Dies dürfte vor Allem den Unternehmensgruppen attraktiv erscheinen, die bereits über ein konsolidiertes Rechnungswesen verfügen. Auf der anderen Hand haften alle Mitglieder für die Umsatzsteuer der Gruppe mit. Schließlich ist auch anzumerken, dass diese „umsatzsteuerliche Konsolidierung“ einer Unternehmensgruppe nicht die ertragsteuerliche Thematik der Verrechnungspreise in derselben Gruppe löst. Hier allerdings besteht in Polen schon seit mehreren Jahren die Möglichkeit, eine körperschaftsteuerliche Organschaft zu bilden, jedoch nach völlig getrennten Grundsätzen.


Krasna, 14. Dezember 2021

/-/ Szymon Lubina

Steuerberater Zulassung Nr. 11049

Geschäftsführer

RLS Legal & Tax Advice Sp. z o.o.

Steuerberatungsgesellschaft

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